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Gedichte

Wo ist mein Land?

Hier ist mein Land, hier bin ich geboren.
Allmählich ein Gefühl, als hätte ich es verloren.
In meinem Land bin ich glücklich und froh gewesen.
Wir strebten gemeinsam aufwärts, haben gedacht und gelesen.
Wir durften noch ordentlich, pünktlich und fleißig sein.
Eine gerade Haltung hielt man noch für „fein“.

Wir gehörten zusammen, versuchten es jedenfalls.
Man sorgte dafür, dass unser Deutschtum uns hing aus dem Hals.
Unsere Mütter und Väter hatten sehr, sehr böses getan.
Spät erfuhren wir die Wahrheit: All das hing uns plötzlich an.
Andere Kinder durften ihre Fahnen hissen und Volkslieder singen.
Bei uns hieß es: hör auf, oder fängst du an zu spinnen?
Nur „the american way of life“ ist - in – ihr müßt das begreifen.
International - global – da will die Menschheit hin schweifen.
Sonst geschieht es der Welt wieder – mit euch, euch bösen Geistern –
Ihr wollt doch überall nur sein die Herren und Meister.

Wir lernten wieder uns zu ducken und uns anzupassen.
Lass doch die anderen Völker machen und prassen.
Wir sollen und wollen nichts besonderes mehr sein.
Wir fühlen uns wohl - insgesamt - in der Masse – und im Verein.
Unsere geistigen Bäume sind inzwischen zu Büschen geworden.
Am liebsten loben wir uns nicht mehr – vergeben keine Orden.
Wir sind weiterhin fleißig – doch stellen wir uns gegenseitig das Bein.
Um uns und andere zum Straucheln zu bringen, fällt uns viel ein.

Jetzt haben wir Angst vor Veränderung und vor Fremden vor allen.
Merkt denn keiner, dass wir auf uns selbst hereinfallen?
Vertritt jemand eine Meinung, die nicht angepasst ist,
Heißt es schnell von allen Seiten – der redet nur Mist.
Rückgrat und Toleranz werden heute ganz klein geschrieben.
Und warum? Wir können uns alle nicht lieben.
Wir mögen uns nicht. Wir nehmen uns nicht an.
Deshalb lassen wir auch keinen an uns heran.

Materielle Dinge berauschen uns, wir wollen nichts mehr missen.
Wir verleugnen unser eigenes und europäisches Gewissen.
Wo man früher von „Vorbildern“ sprach und versuchte danach zu leben,
Betrügt man uns heute und will immer dem Starken Recht geben.
Wie bringe ich nun meinen Kindern die Zehn Gebote bei?
Aus dem Internet eine Schulung dafür – sagt`s mir – bitte, seid so frei!

Und das schlimmste ist: trotz geistiger Wäsche und Fremdeinfluß,
Gedanken und Handeln wandeln im „altdeutschen Guss“.
Das kann´s doch nicht gewesen sein.
Fällt uns denn wirklich nichts anderes, besseres ein?
Warum dümpelt bei uns alles so vor sich hin?
Warum gönnt man dem anderen nichts, sieht nur seinen Gewinn?
Das kann doch nicht unser Streben sein im Leben,
Denkt daran: Geben macht seliger, denn Nehmen.

Da ist mein Land, wo ich sagen kann, was ich denke.
Die Wahrheit und Toleranz finde, denn ich hasse die Ränke.
Da ist mein Land, wo die Hoffnung wächst und wir einsehen können,
Dass die Welt nur weiter lebt, wenn wir allen etwas gönnen.
Da ist mein Land, wo wir uns zu unserer Geschichte bekennen und daraus lernen.
Uns und andere vor Leid und Elend schützen und vom guten Leben nicht weiter entfernen.
Da ist mein Land, wo jeder sich in Frage stellt und neues, gutes beginnt,
Da ist mein Land, wo dieser Ansatz weltweit einen guten Verlauf nimmt.

Gisela Hess-Hatting/2002
01.10.08/überarbeitet

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